M+M

M+M
Ausstellungsansicht M+M, Kunstmuseum Bonn 2005, Foto: Friedhelm Schulz.

Dance with me, Germany

29. April 2005 - 1. Mai 2005

Curator: Georg Elben, Videonale Bonn

Eine seltsame Szenerie: Ein junges Pärchen liegt entspannt auf dem Bett und plaudert über dies und das, so denkt man. Aber plötzlich sagt er: "Beamte müssen beleidigt werden, die brauchen das, behaupte ich mal, sonst geht´s denen zu gut, sonst werden die noch frech. Warum, glaubst Du, unterscheidet man zwischen normaler Beleidigung, Majestätsbeleidigung und Beamtenbeleidigung? Wenn überhaupt, dann ist Beamtenbeleidigung ein Kavaliersdelikt. Eigentlich ist sie Notwehr." Schnitt!

In Dance with me, Germany beschäftigt sich das Künstlerduo M+M laut Presseberichten mit der Gestalt des jungen Münchener Türken Mehmet, der auf Grund seiner zahllosen Delikte als Jugendlicher 1998 in die Türkei abgeschoben wurde. Bei genauerer Betrachtung aber geht es um viel mehr und auch um etwas ganz anderes: Auf vier transluzenten Projektionsflächen werden in 13 Minuten jeweils sechs Handlungsmomente erzählt, die auf verschiedenste Arten und Weisen zwischenmenschliche Dialoge und Kommunikation zum Thema haben: Das coole Treffen zweier Dealer in einem Vorstadt-Ghetto, das besagte friedliche Plaudern eines Pärchens auf dem Bett, das gewaltvolle Gespräch zwischen einem Lehrer und seinem Schüler, das entspannte Zapping vor dem heimischen Fernseher und nicht zuletzt der wiederum Übertrieben coole Abspann, der noch einmal in Form von Schrift die Grundstimmung dieser Filmsequenzen konzentriert und höhnisch skandiert: "Faktischer Inländer", "Ex-Muttersprachler", "Überspiel mir das Lied vom Tod"!

Die formale und konzeptuelle Anlehnung an Westernfilme der 1960er und 1970er Jahre aber ist ebenso offensichtlich wie irritierend, denn die immer wieder gestellte Frage erhält keine Antwort: Wer ist das Böse, wer verkörpert das Gute, wer besiegt wen? Henry Ford kontra Charles Bronson: Wenn der böse Weiße dem guten Mexikaner in Spiel mir das Lied vom Tod in der gleißenden Mittagssonne gegenüber steht, so wird in Dance with me, Germany die Hierarchie zwischen dem deutschen Lehrer und seinem türkischen Schüler beklemmend konterkariert. Es geht um Macht, um Hierarchie, aber nicht im herkömmlichen Sinne einer körperlichen Überlegenheit, sondern einer psychischen Gewaltausübung mit den Mitteln der Sprache, Mimik und Gestik.

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