VIDEONALE.scope #9

Panteha Abareshi, NOT BETTER YET, US 2019, © the artist
Panteha Abareshi, NOT BETTER YET, US 2019, © the artist Panteha Abareshi, NOT BETTER YET, US 2019, © the artist

VIDEONALE.scope #9 | Wahnsinn und Gesellschaft

Eine experimentelle Film- und Videokunstreihe der Videonale Bonn

Kuratiert von Viktor Neumann

15.–18. Dezember 2021

Im Dezember widmet sich VIDEONALE.scope #9 an vier Abenden historischen und zeitgenössischen Bewegtbildarbeiten, die das Verhältnis zwischen Wahnsinn und Gesellschaft und die normative Konstruktion von „Krankheit“ und „Gesundheit“ untersuchen.

Der Titel ist Michel Foucaults gleichnamigem Werk Wahnsinn und Gesellschaft: Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft entlehnt. In seiner ersten bedeutenden Theorieschrift aus dem Jahr 1961 spricht sich der französische Philosoph gegen die Diagnose von psychischen Erkrankungen als festgeschriebene medizinische Fakten aus und beleuchtet vielmehr, inwiefern sich das Konzept des Wahnsinns im Laufe der Geschichte verändert hat und auf welchen sozialen und politischen Prozessen diese Konstruktionen beruhen. Das Werk gilt als eine der zentralen Theorien für die Forderungen der antipsychiatrischen Bewegung, die seit den 1950er Jahren Kritik an der institutionellen Psychiatrie und ihren Behandlungsmethoden geäußert hat, die Bedeutung der Gesellschaft innerhalb des Prozesses des Wahnsinnigwerdens untersucht und neuronale Differenzen als andere, aber nicht weniger wertige Erkenntnisformen hervorhebt. Während die Bewegung viele ihrer Forderungen durchsetzen konnte, wirkt die vermeintliche Oppositionen zwischen „gesund/ produktiv" und „krank/unproduktiv" weiterhin als eine der zentralen Kategorisierungen für systemische Unterdrückung, auch jenseits der medizinischen Normierung. Spätestens seit den Bestrebungen der Antipsychiatrie-Bewegungen und der Behindertenrechtsbewegung finden sich auch im Feld der Bewegtbildproduktion zahlreiche Positionen wieder, die emanzipatorische Praktiken mitproduzieren und Verletzlichkeit und Ermächtigung zusammendenken.

Die VIDEONALE.scope #9 vereint Experimental- und Kunstfilme, Videoarbeiten und Gespräche mit Künstler:innen und Filmemacher:innen, die sich dem Themenfeld aus unterschiedlichen Perspektiven künstlerisch und diskursiv nähern.

Mit Arbeiten von Panteha Abareshi, Mel Baggs, Stan Brakhage, Tony Cokes, Thirza Cuthand, Heinz Emigholz, Luke Fowler, Coco Fusco, Barbara Hammer, William E. Jones, Carolyn Lazard, Karin Michalski & Ann Cvetkovich, Rory Pilgrim, Jacolby Satterwhite, P. Staff, Imogen Stidworthy und Martine Syms.

TICKETS VIDEONALE.scope #9
5 Euro / 3 Euro (ermäßigt)
Kombiticket (2 Programme): 8 Euro / 4 Euro (erm.)
Scope-Ticket (alle Veranstaltungen): 24 Euro / 12 Euro (erm.)

Tickets gibt es an der Abendkasse.
Einzeltickets für die Veranstaltung am 18.12. im Filmhaus Köln können auch über das Online-Buchungssystem gebucht werden.

Gemäß der aktuellen Verordnung finden alle Veranstaltungen von VIDEONALE.scope als 2G-Veranstaltungen statt.

Datum
Titel
Genre
Mi, 15.12.2021
19:00 Uhr

VIDEONALE.scope #9 | KURZFILME #1

Screening

Wie können wir widerständige Formen des Zusammenkommens neu denken, in denen Körper nicht physisch präsent sein müssen, um wahrgenommen zu werden? Wie können mediale Bilder umgedeutet werden, die für die Konstruktion von Norm/Abnorm und das Schüren von Angst gegenüber spezifischen Gruppen verwendet werden? Welche Rolle spielt der medizinische Industriekomplex in der Aufrechterhaltung von Ungleichheiten und als Form der Gewaltausübung? In einem zweiten Teil des Programms spekuliert die Schimpansen-Tierpsychologin Dr. Zira aus den Planet der Affen-Filmen abschließend über das aggressiv-individualistische Verhalten der Menschen.

Mit Arbeiten von Tony Cokes, P. Staff, Martine Syms, Jacolby Satterwhite und Coco Fusco.

  • Tony Cokes, Black Celebration (A rebellion against the commodity), US 1988, s/w, Digital, 17’11’’ (Ohne Dialoge)
  • P. Staff, Pure Means, US 2021, Farbe, Digital, 4’37’’ (Ohne Dialoge)
  • Martine Syms, She Mad: Laughing Gas, US 2016, Farbe, Digital, 7’13’’ (Engl. OF)
  • Jacolby Satterwhite, We are in hell when we hurt each other, US 2020, Farbe, Digital, 24’20’’ (Engl. OF, Engl. UT)
  • Coco Fusco, Ted Ethology: Primate Visions of the Human Mind, US 2015, Farbe, Digital, 49’35’’ (Engl. OF)
Do, 16.12.2021
19:00 Uhr

VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #1

Screening

Tearoom basiert auf einem gefundenen Band von Polizeiüberwachungsaufnahmen einer Herrentoilette in Mansfield, Ohio aus dem Jahr 1962. Jahre vor der Stonewall-Bewegung diente das Material vor Gericht als Beweismittel, die identifizierten Männer zu verurteilen. Die Mindeststrafe für Sodomie betrug ein Jahr Zuchthaus und psychiatrische Behandlung samt den gängigen Methoden wie Elektroschocks oder Drogenzufuhr. Die Appropriation der Aufnahmen erzählt von einer unterdrückten Geschichtsschreibung von Männern, die unabhängig ihrer Klasse, Alter oder Hautfarbe Verbindungen miteinander eingegangen sind, die die Ideologie der Mehrheitsgesellschaft zu destabilisieren vermochte.

  • William E. Jones, Tearoom, US 1962/2007, Farbe, 16mm/Digital, 56’ (Stumm)

Im Anschluss Gespräch mit William E. Jones.

Do, 16.12.2021
21:00 Uhr

VIDEONALE.scope #9 | KURZFILME #2

Screening

Was wird als Denken und Sprache angesehen und was nicht? Und wer hat die Entscheidungsmacht darüber? Wie kommunizieren wir chronischen Schmerz oder seelisches Leiden? Wie informieren sich persönliche und kollektive Trauma gegenseitig? Und wie können sogenannte negative Emotionen und Gefühlsregungen nicht als individuell begründet und „lösbar“, sondern als kulturelle Phänomene und politische Symptome verstanden werden?

  • Mel Baggs, In My Language, 2007
  • Imogen Stidworthy, Iris [A Fragment], 2018-19
  • Panteha Abareshi, Unlearn the Body, 2019
  • Panteha Abareshi, Not Better Yet, 2019
  • Carolyn Lazard, Consensual Healing, 2018
  • Barbara Hammer, X, 1973
  • Karin Michalski und Ann Cvetkovich, 2014
  • Thirza Cuthand, Extractions, ca. 2019
  • Stan Brakhage, Commingled Containers, 1996
Fr, 17.12.2021
19:00 Uhr

VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #2

Screening

Software Garden ist ein Musikalbum, dessen 11 Titel Einflüsse aus Pop, Elektronik und Techno mit Streicherarrangements verweben. Seine filmische Ausformulierung erforscht die Schnittstellen zwischen Technologie und Fürsorgearbeit. Das kooperativ entstandene Werk wird mittels Gedichten der Poetin und Behindertenrechtlerin Carol R. Kallend strukturiert, in denen sie ihren Wunsch nach einem Robotor als Begleiter:in reflektiert, um die Lücke zu füllen, die die drastischen Kürzungen der britischen Regierung von Fürsorgeleistungen hinterlassen haben.

  • Rory Pilgrim, Software Garden, UK/NL 2016-18, Farbe, Digital, 51’29’’ (Engl. OF)

Im Anschluss Gespräch mit Rory Pilgrim und Carol R. Kallend

Fr, 17.12.2021
21:00 Uhr

VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #3

Screening

Das para-dokumentarische Porträt über R.D. Laing (1927–1989) bietet Einblick in Leben und Werk des als Vorreiter der antipsychiatrischen Bewegung geltenden, berühmt-berüchtigten schottischen Psychiaters, der das Verständnis der sozialen und politischen Dimension mentaler Differenz, seelischer Not und Leidens nachhaltig geprägt hat. Fowlers poetische Collage, dessen Titel an Laings bekanntestes Werk, The Devided Self (1960) angelehnt ist, verwebt Archivmaterial aus der Zeit der sozialen und kulturellen Revolutionen der 1960er Jahre mit eigenen sensiblen filmischen Beobachtungen.

  • Luke Fowler, All Devided Selves, UK 2011, s/w und Farbe, 16mm/Digital, 93’ (Engl. OF)
Sa, 18.12.2021
18:30 Uhr

VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #4

Screening

Photographie und jenseits – Teil 26, Kapitel 3 der Streetscapes Serie und nicht nur deren großmeisterliches Kernstück: Ein zum Film gewordener Dialog zwischen einem Analytiker und seinem Analysanden, einem besessenen jedoch blockierten Filmemacher, über Architektur und Trauma, gedreht in Ensembles von Julio Vilamajó, Eladio Dieste und Arno Brandlhuber.

  • Heinz Emigholz, Streetscapes [Dialogue], DE 2017, Farbe, Digital, 133’ (Engl. OF, Dt. UT)
Datum
Zeit
Veranstaltung
Ort
Genre

Mi, 15.12.2021

19:00
VIDEONALE.scope #9 | KURZFILME #1

Wie können wir widerständige Formen des Zusammenkommens neu denken, in denen Körper nicht physisch präsent sein müssen, um wahrgenommen zu werden? Wie können mediale Bilder umgedeutet werden, die für die Konstruktion von Norm/Abnorm und das Schüren von Angst gegenüber spezifischen Gruppen verwendet werden? Welche Rolle spielt der medizinische Industriekomplex in der Aufrechterhaltung von Ungleichheiten und als Form der Gewaltausübung? In einem zweiten Teil des Programms spekuliert die Schimpansen-Tierpsychologin Dr. Zira aus den Planet der Affen-Filmen abschließend über das aggressiv-individualistische Verhalten der Menschen.

Mit Arbeiten von Tony Cokes, P. Staff, Martine Syms, Jacolby Satterwhite und Coco Fusco.

  • Tony Cokes, Black Celebration (A rebellion against the commodity), US 1988, s/w, Digital, 17’11’’ (Ohne Dialoge)
  • P. Staff, Pure Means, US 2021, Farbe, Digital, 4’37’’ (Ohne Dialoge)
  • Martine Syms, She Mad: Laughing Gas, US 2016, Farbe, Digital, 7’13’’ (Engl. OF)
  • Jacolby Satterwhite, We are in hell when we hurt each other, US 2020, Farbe, Digital, 24’20’’ (Engl. OF, Engl. UT)
  • Coco Fusco, Ted Ethology: Primate Visions of the Human Mind, US 2015, Farbe, Digital, 49’35’’ (Engl. OF)
Screening

Do, 16.12.2021

19:00
VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #1

Tearoom basiert auf einem gefundenen Band von Polizeiüberwachungsaufnahmen einer Herrentoilette in Mansfield, Ohio aus dem Jahr 1962. Jahre vor der Stonewall-Bewegung diente das Material vor Gericht als Beweismittel, die identifizierten Männer zu verurteilen. Die Mindeststrafe für Sodomie betrug ein Jahr Zuchthaus und psychiatrische Behandlung samt den gängigen Methoden wie Elektroschocks oder Drogenzufuhr. Die Appropriation der Aufnahmen erzählt von einer unterdrückten Geschichtsschreibung von Männern, die unabhängig ihrer Klasse, Alter oder Hautfarbe Verbindungen miteinander eingegangen sind, die die Ideologie der Mehrheitsgesellschaft zu destabilisieren vermochte.

  • William E. Jones, Tearoom, US 1962/2007, Farbe, 16mm/Digital, 56’ (Stumm)

Im Anschluss Gespräch mit William E. Jones.

Screening

Do, 16.12.2021

21:00
VIDEONALE.scope #9 | KURZFILME #2

Was wird als Denken und Sprache angesehen und was nicht? Und wer hat die Entscheidungsmacht darüber? Wie kommunizieren wir chronischen Schmerz oder seelisches Leiden? Wie informieren sich persönliche und kollektive Trauma gegenseitig? Und wie können sogenannte negative Emotionen und Gefühlsregungen nicht als individuell begründet und „lösbar“, sondern als kulturelle Phänomene und politische Symptome verstanden werden?

  • Mel Baggs, In My Language, 2007
  • Imogen Stidworthy, Iris [A Fragment], 2018-19
  • Panteha Abareshi, Unlearn the Body, 2019
  • Panteha Abareshi, Not Better Yet, 2019
  • Carolyn Lazard, Consensual Healing, 2018
  • Barbara Hammer, X, 1973
  • Karin Michalski und Ann Cvetkovich, 2014
  • Thirza Cuthand, Extractions, ca. 2019
  • Stan Brakhage, Commingled Containers, 1996
Screening

Fr, 17.12.2021

19:00
VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #2

Software Garden ist ein Musikalbum, dessen 11 Titel Einflüsse aus Pop, Elektronik und Techno mit Streicherarrangements verweben. Seine filmische Ausformulierung erforscht die Schnittstellen zwischen Technologie und Fürsorgearbeit. Das kooperativ entstandene Werk wird mittels Gedichten der Poetin und Behindertenrechtlerin Carol R. Kallend strukturiert, in denen sie ihren Wunsch nach einem Robotor als Begleiter:in reflektiert, um die Lücke zu füllen, die die drastischen Kürzungen der britischen Regierung von Fürsorgeleistungen hinterlassen haben.

  • Rory Pilgrim, Software Garden, UK/NL 2016-18, Farbe, Digital, 51’29’’ (Engl. OF)

Im Anschluss Gespräch mit Rory Pilgrim und Carol R. Kallend

Screening

Fr, 17.12.2021

21:00
VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #3

Das para-dokumentarische Porträt über R.D. Laing (1927–1989) bietet Einblick in Leben und Werk des als Vorreiter der antipsychiatrischen Bewegung geltenden, berühmt-berüchtigten schottischen Psychiaters, der das Verständnis der sozialen und politischen Dimension mentaler Differenz, seelischer Not und Leidens nachhaltig geprägt hat. Fowlers poetische Collage, dessen Titel an Laings bekanntestes Werk, The Devided Self (1960) angelehnt ist, verwebt Archivmaterial aus der Zeit der sozialen und kulturellen Revolutionen der 1960er Jahre mit eigenen sensiblen filmischen Beobachtungen.

  • Luke Fowler, All Devided Selves, UK 2011, s/w und Farbe, 16mm/Digital, 93’ (Engl. OF)
Screening

Sa, 18.12.2021

18:30
VIDEONALE.scope #9 | FEATURE #4

Photographie und jenseits – Teil 26, Kapitel 3 der Streetscapes Serie und nicht nur deren großmeisterliches Kernstück: Ein zum Film gewordener Dialog zwischen einem Analytiker und seinem Analysanden, einem besessenen jedoch blockierten Filmemacher, über Architektur und Trauma, gedreht in Ensembles von Julio Vilamajó, Eladio Dieste und Arno Brandlhuber.

  • Heinz Emigholz, Streetscapes [Dialogue], DE 2017, Farbe, Digital, 133’ (Engl. OF, Dt. UT)
Screening
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In Kooperation mit:
reboot: responsivness (Kölnischer Kunstverein und Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf)

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